Die letzten Tierarztesuche von Jack

Wenn eines meiner Gefiederten krank wird, nimmt mich das auch wahnsinnig mit. Vögel, die gerne im Schwarm leben, verstecken gerne Krankheitssymptome, da sie schneller aus dem Schwarm ausgestoßen werden und sie so schneller ein leckerer Snack für Raubtiere werden. Mittlerweile habe ch ein Gespür dafür entwickelt, wann ich wirklich gehen muss und wenn ich unsicher bin gehe ich trotzdem. So ist es auch mit Jack gewesen, der dann leider über die Regenbogenbrücke ins Hirseland geflogen ist.

Ich merkte ab einem gewissen Punkt, dass er nicht mehr so den Elan hatte, den er sonst an den Tag legte. Das fällt Sehenden oft nicht auf, da sie nur kurz das Gefieder sehen, wie er sich bewegt und meinen oft, alles in Ordnung. Also packte ich den kleinen Blauen ein und fuhr zum Tierarzt. In solchen Momenten wäre ich lieber an anderen Orten, aber wer Haustiere hat, trägt auch die volle Verantwortung. Jedenfalls kam ich an, konnte nicht so genau beschreiben was los war, aber ich hatte das Glück, dass ich Chefvisite hatte. Der Chef verstand sofort, was ich meinte und so wurde der Vogel gründlich untersucht. Ich saß da, wusste nicht genau was los war, während ich auf die Blutergebnisse wartete. Es gab erste Anzeichen für Leberprobleme. Ich wusste zwar, dass da was faul war, aber nicht genau was. Solche Anzeichen sind oft Musterveränderungen am Schnabel und extremes Schnabelwachstum. Schnipp wurde der Schnabel etwas gekürzt, was Jack überhaupt nicht gefiel.

1. Wir Menschen sind riesig, einfach nur riesig.

2. Wenn ich Wellensittich wäre, würde ich es auch nicht wollen, dass man mir ohne Vorwarnung den Schnabel auf die richtige Länge kürzt.

Jedenfalls wartete ich gut 15 Minuten und ich bekam dann mit, dass der Chef sich ’nen Timer gestellt hatte und gleich auch welches Handy er hatte, du meine güte, aber die Infos behalte ich lieber für mich.

Dann kam er mit den Ergebnissen. Er erklärte mir, was ich tun musste und das wurde mir und dem Vogel zum Verhängnis, denn ich gab mir Mühe, das klebrige Zeug in den Schnabel zu geben, der Vogel gab sich Mühe zu schlucken.

Immer wieder fiel mir auf, dass es ihm schlechter ging und vor einem Jahr, also am Freitag wäre es ein Jahr, konnte er wirklich nicht mehr. Zuvor hatte ich noch Handwerker da und dann auch noch die Qualen mit dem Medikament, das immer wieder. Ich stand da, mit dem Sittich in der Hand und konnte nur zuschauen, wie er würgte, würgte, würgte… Als ich merkte, dass sich der ganze Körper in die Länge streckte, wusste ich, es ist vorbei. Völlig am Ende musste ich mich erst mal setzen. Ich konnte nicht zusehen, wie Julia jetzt alleine war und kämpfte mit den Tränen. Doch irgendwann musste ich mich aufraffen, denn ich musste zur Arbeit. Hilft ja nix, dachte ich mir, schließlich musste ich weiterkämpfen, gerade wegen Julia und gerade wegen mir, meinen Freunden…

Der nächste Schritt für mich war, erst mal beim Tierarzt anzurufen und bescheid zu geben, dass Jack es nicht geschafft hatte, ich das Gefühl bekam, komplett versagt zu haben und dass der Vogel wegen mir starb. Doch trotz alledem: ich bekam Mut, weil ich überrascht war, wie positiv über mich gesprochen wurde. Ich hatte zur Sprechstundenhilfe, die gleichauch noch Tierarzthelfer/in war gesagt, dass ich so lange Wellensittiche halte, bis ich tot ins Grab falle und eines kann ich noch hinzufügen: Wenn ich Kinder haben sollte, würde ich mir wünschen, dass sie die Begeisterung weitertragen, auch als Erbe.
Diesen Eintrag verfasste ich am 22.08.2022.


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